Workshop

Sonntag, 6. September

Dr. jur. Anette Oberhauser

9:00 - 15:00 Uhr

Was ist drin – und wie erfährt der Verbraucher davon? – Gedanken der EU-Gesetzgebung zum Verbraucherschutz“

Orientierung für den Verbraucher

Pflegende, Hersteller, Kosmetik und Wellness sind heute– nicht nur im rechtlichen Sinne– untrennbar verbunden. Hierzu gehört auch, in einem Gesundheitsstudio ein Wohlfühlambiente zu schaffen, ein Verwöhnpaket zu erstellen. Eine einfache Methode ist dabei, die Verwendung von Duftölen und aromatherapeutischen Produkten. Doch so einfach dies in der Praxis auch ist, eine angenehme Raumbeduftung zu erreichen, oder wohl parfümierte Kosmetika zu verwenden, so entstehen dabei rechtliche Problemstellungen, die zu beachten sind.

Der EU-Gesetzgeber hat sich in neuere Zeit den Schutz des Verbrauchers zur Aufgabe gemacht und dabei viele Regelungen geschaffen, die vordergründig nichts miteinander zu tun haben bei der Verwendung von ätherischen Ölen aber insgesamt gelten. Der Gesetzgeber sieht ätherische Öle nicht als Spezial-Produkt sondern je nach Verwendung als Lebensmittel, Kosmetik und in Einzelfällen sogar als Arzneimittel oder als Aromastoff um nur einige zu nennen. Wichtigstes Instrument des Gesetzgebers sind dabei Werbebeschränkungen und Deklarierungspflichten. Wenn ein Hersteller nicht werben darf wie er will bekommt der Verbraucher nur diejenigen Informationen, die der Gesetzgeber für günstig hält und er lässt sich nicht verleiten potentiell gefährliche Substanzen zu kaufen. Gleiches sollen die Deklarierungspflichten erreichen, hier soll der Verbraucher verstehen, was drin und dran ist und Schlussfolgerungen für seinen Kauf ziehen. Der EU-Gesetzgeber hat als Maßstab dabei den durchschnittlich vorgebildeten und informierten Verbraucher im Sinn, der auch vor sich selbst geschützt werden soll. Ganz besonders möchte der EU-Gesetzgeber Allergiker schützen.

Dabei überlässt er es den nationalen Gesetzgebungen und den nationalen Gerichten innerhalb bestimmter Spielräume die Vorschriften zu interpretieren. Innerhalb der EU wird nämlich darauf Wert gelegt kulturelle Besonderheiten der Mitgliedsstaaten und der dortigen Verbraucherwahrnehmung zu berücksichtigen. Inhalte des Vortrags beschreiben daher die Wahrnehmung eines deutschen Verbrauchers wie sie von deutschen Gerichten gesehen wird.

Auch bei Bedarfsgegenständen also Produkten, die zwar nicht eingeatmet werden aber dennoch im Alltag ständig vorhanden sind und Lebensmittel oder die Haut indirekt berühren und beeinflussen, zeigt sich der Einfluss des Europarechts. Der EU-Gesetzgeber hat aufgegriffen, das wir von vielen unauffälligen alltagsgegenständen praktisch mit beduftet werden. Gerade Dauerbeduftungen beeinflussen das menschliche Immunsystem und können daher ohnehin schon empfindlichen Allergikern ein Dorn im Auge– bzw. in der Nase– sein. Die Rechtsordnung betreibt daher auch Gefahrstoffmanagement.

Bei praktischen Anwendungen von Gerüchen ist die Geruchsgestaltung von Räumen immer stärker in den Vordergrund gerückt. Entwickelt wurden z. B. so genannten Pads, die mit Duftkartuschen befüllt und individuell eingestellt werden können, so dass Düfte durch Luftmikrofilter gereinigt und gezielt per Mischung an Umwelt abgegeben werden können. Entscheidend ist dabei, dass der Riechvorgang nicht nur in einer Reizung der Sinneszellen besteht, sondern auch die Riechschleimhaut dem Duft ausgesetzt wird.  Heute handelsübliche Raumbeduftungsmöglichkeiten, wie Duftkerzen, Öle für die Aromalampe und dergleichen sind zwar in der Regel auf Gefahrstoffe überprüft worden. Gerade bei Allergikern sollte man hier noch einmal gesondert nachprüfen.

Völlig außer Acht lässt die Rechtsordnung bisher psychologische Aspekte des Riechvorganges, z. B. das mit Gerüchen über dem Wahrnehmungsschwellenwert Aufmerksamkeit, Motivation und sogar die Kodierung von Lerninhalten möglich ist. So gesehen kann die Raumbeduftung auch eine Werbemaßnahme sein, dass man sich über den Geruch an eine Ware erinnert.  Da es bisher noch keinerlei Rechtsprechung darüber gibt, ob ein olfaktorisches Display / eine Raumbeduftung Verbraucherirreführung darstellen kann sind einige interessante Marketingmöglichkeiten eröffnet. Trotz allen Verbraucherschutzes hat der Gesetzgeber die Möglichkeit der Werbung durch Düfte selbst noch nicht in Betracht gezogen, obwohl die oben geschilderten Desinformationsrisiken und Gefahren für den Verbraucher auch hier gegeben sein können. Duftmischungen selbst müssen in den Augen des Gesetzgebers nämlich nur unbedenklich sein und rechtskonform beworben werden (Kosmetik-Claim-Verordnung, Gefahrstoffmanagement) keine Hilfestellung für den Verbraucher ergibt sich für die Offenlegungspflicht enthaltener Duftstoffe soweit sie nicht allergen sind. Gr0ße Parfumlabels dürfen an dieser Stelle nach wie vor ihre Betriebsgeheimnisse für sich behalten. Der Preis dafür ist dass Duftmischungen nicht patentiert werden können und auch nicht als Marke angemeldet werden können. Die Kosmetikwirtschaft behilft sich dabei aber mit strengen Lizenzvergaben, Vertragsstrafen etc. um Nachahmer zu erschrecken.

Verbraucherschutz soll im wesentlichen dadurch erreicht werden, dass der Verbraucher weiß, was drin ist und dann entscheiden kann, ob das Produkt hält was es verspricht. Eine kleine Rolle spielt dabei im Vergleich dazu die professionelle Anwendung von Produkten durch professionelle Dienstleister. Von diesen wird erwartet, dass sie eine sorgfaltsgerechte Anwendung erbringen können, hier gilt nur das allgemeine Haftungsrecht, die Kenntnis von den Grenzen einer beruflichen Ausübung und das man sich vom Hersteller beim Kauf Zertifikate vorlegen lässt.

Gerade in der Aromatherapie gibt es nun diverse aseptisch und antiviral wirkende ätherische Öle, die dann zu kosmetischen Zwecken verwendet werden können, sofern nach Art und Dosierung nicht als Arzneimittel gelten und vom Hersteller für kosmetische Zwecke abgefüllt und hergestellt wurden. Besonders bei ätherischen Ölen, die eine Einzelsubstanz enthalten (z. B. Lavendel im Unterschied zu Lavendelzitronemischungen) ist der Zweck, den der Hersteller dem ätherischen Öl beigegeben hat, nicht immer deutlich erkennbar. In diesem Fall empfiehlt es sich, beim Hersteller nach den Sicherheitszertifikaten zu fragen. Dies darf neuerdings auch der Verbraucher tun, da für Lebensmittel und Kosmetika Informationsrechte des Verbrauchers neu geregelt worden sind (LMIV).

Es obliegt jedem selbst zu entscheiden, ob der Verbraucher nun gerade genug geschützt wird oder sogar überbehütet. Ob der Schutz in die richtige Richtung geht, ist immer wieder Gegenstand politischer Diskussion, die letztlich in die Rechtsordnung mündet.

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